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Interview

2021 SUMMER

Schmerz ruft grenzübergreifende Empathie hervor

Die Übersetzungen von Keum Suk Gendry-Kims (geb. 1971) Graphic Novels finden weltweit Anerkennung. Das gilt besonders für Grass (2017), ein Werk, das sich mit dem Schmerz der sog. „Trostfrauen“ befasst, die im Krieg von der japanischen Armee systematisch sexuell versklavt wurden.

Eine Szene aus Grass, einer Graphic Novel von Keum Suk Gendry-Kim, die das Schicksal der koreanischen Trostfrauen, die von Japan zur sexuellen Sklaverei gezwungen wurden, thematisiert

Keum Suk Gendry-Kim taucht tief in das mensch¬liche Leid ein. Ihre Themen sind die Koreaner, ihre Kulissen die Ereignisse der koreanischen Geschichte. Der Schmerz, der in ihre Werke eingestanzt ist, ruft kulturübergreifendes Verständnis und Lob hervor. Ihr grafischer Roman Grass (2017) über eine der vom japani¬schen Militär vor und während des Zweiten Weltkriegs zur Prostitution gezwungenen „Trostfrauen“ fand unter ihren bisherigen Werken unbestritten die meiste Anerkennung.

Die englische Ausgabe von Grass, 2019 von dem kana¬dischen Comicverlag Drawn and Quarterly veröffentlicht, sorgte schnell für Aufsehen. 2019 kürte die New York Times das Buch zu einem der „Best Comics of 2019“ und der Guardian lobte es als einen der „Best Graphic Novels of 2019“. 2020 gewann Grass zehn Auszeichnungen, darunter den Krause Essay Prize und den Harvey Award auf der New York Comic Con.

Grass wurde kürzlich auf Portugiesisch und Arabisch her¬ausgebracht. Weitere Bücher von Gendry-Kim sind Jiseul (2014), das die Tragödie des gegen die Teilung Koreas gerichteten Jeju-Aufstands von 1948 schildert, und Alexan¬dra Kim, a Woman of Siberia (2020), das Leben und Zeiten dieser ersten koreastämmigen Bolschewikin nachzeichnet. The Waiting, ihr jüngstes, die Trennung einer Familie the¬matisierendes Werk, wurde bereits auf Französisch publi¬ziert und wird bald auf Englisch, Portugiesisch, Arabisch und Italienisch erscheinen. Letzten April traf ich Gendry- Kim in einem Café auf der Insel Ganghwa-do, wo sie jetzt lebt.

Sie haben Malerei und Installationskunst studiert – wie kam es dann dazu, dass Sie sich einen Namen als Auto¬rin grafischer Romane machten?
Nach meinem Studium der westlichen Malerei in Korea ging ich nach Frankreich, um Installationskunst an der École supérieure des arts décoratifs de Strasbourg zu studie¬ren. Um über die Runden zu kommen, übersetzte ich neben¬bei Werke koreanischer Cartoonisten und konnte mir in dem Bereich quasi einen Namen machen. Ich habe über 100 koreanische Comics übersetzt und ihnen dadurch zu einer französischen Leserschaft verholfen.

Dann wurde ich eines Tages von einem koreanischen Zei¬tungsverlag vor Ort gefragt, ob ich mich nicht selbst im Comic-Zeichnen versuchen wolle. Zu der Zeit wurde mir durch das Übersetzen das Potential dieses Genres bewusst. Nur mit Bleistift und Papier seine Vorstellungen als Autor frei ausdrücken zu können, fand ich faszinierend. Also begann ich zu zeichnen, ein Werk nach dem anderen, und schon bald wurde daraus eine ganze Serie. Seitdem ich mit dem Comic-Zeichnen angefangen habe, habe ich mich intensiv mit der Frage herumgeschlagen, wie ich den Dia¬logfluss am besten vermitteln kann, sei es durch Sprechbla¬ sen oder andere Mittel.

Welche Werke haben Sie beeinflusst?
In Bezug auf die Handlung haben mich koreanische Autoren inspiriert. Ich denke da v. a. an Lee Hee-jae (geb. 1952) und Oh Se-young (geb. 1955), die die Vaterfiguren unserer Generation treffend darstellten. Was das Zeichnen betrifft, habe ich mich nie für besonders begabt gehalten, da die meisten meiner Kunstwerke eher abstrakt als figurativ waren und ich mehr im Bereich Installation und Skulptur gearbeitet, als gezeichnet habe. Zu den Künstlern, die defi¬nitiv meinen graphischen Malstil beeinflusst haben, zählen Edmond Baudoin und José Muñoz, der Der Fremde von Camus als grafischen Roman adaptierte, wobei mich insbe¬sondere das Gewicht seiner schwarzen Pinselstriche beein¬druckt hat. Auch die Arbeiten von Joe Sacco oder Jacques Tardi haben in mancher Hinsicht auf mich gewirkt.

Welche Frühwerke stellen die Künstlerin Gendry-Kim am besten vor?
Ich verwebe autobiografische Geschichten mit Din¬gen, die ich in meinem Alltagsleben empfinde, und den Geschichten von Menschen, die ich treffe. Dabei konzent¬riere ich mich gezielt auf Geschichten mit historischen und sozialen Bezügen, und versuche, sie mit dem von mir selbst Erlebtem zu verbinden.“

In Ihrem Frühwerk beschäftigten Sie sich mit Ihrem Vater, jetzt mit Ihrer Mutter.
The Waiting (2020) erzählt von meiner Mutter. Vor zwan¬zig Jahren, als ich in Paris studierte, besuchte mich meine Mutter und erzählte mir etwas Tragisches: Ihre älteste Schwester, sei in Nordkorea. Vor langer Zeit hätte die Fami¬lie meiner Mutter eine große Reise von ihrem Heimatort Goheung in der Provinz Jeollanam-do in die Mandschu¬rei unternommen und auf dem Weg einen Zwischenhalt in Pjöngjang gemacht. Irgendetwas sei dort passiert, sodass meine Mutter in den Süden zurückkehrte, aber meine Tante im Norden blieb. Bevor Mutter mir davon berichtete, hatte ich keine Ahnung, dass es so eine Familiengeschichte gab.

Als die Treffen der in Nord- und Südkorea getrennt leben¬den Familien stattfanden, traf es Mutter schwer, dass sie nicht auf der Prioritätenliste stehen konnte. Jemand muss¬te diese Geschichte erzählen und ich beschloss, dass ich es sein sollte. Zudem betrifft die Frage der getrennten Fami¬lien nicht nur meine Familie, es ist vielmehr ein universel¬les Problem der Menschheit, das an allen Kriegsorten der Welt aktuell ist. Letzten Endes wollte ich thematisieren, wie Kriege die Schwachen zu Opfern machen, sie aus ihrer Hei¬mat vertreiben und in alle Winde zerstreuen.

Grass könnte man auch „Tragödie der Menschheit“ nen¬nen.
Wenn ich mich recht zurückbesinne, so war der Auslöser für Grass eine Doku über das Leid der Trostfrauen aus den frühen 1990er Jahren. Zudem hatte ich danach die Gelegen¬heit, in Frankreich bei einer Veranstaltung über die Trost¬frauenfrage zu dolmetschen. Beim Lesen der Unterlagen für die Vorbereitung des Dolmetscheinsatzes konnte ich noch mehr erfahren. Resultat war, dass ich 2014 die grafische Erzählung Secret als Beitrag für das Internationale Comic¬festival von Angoulême einreichte. Ich wollte Leben und Leiden der Trostfrauen aus Sicht einer Trostfrau darstellen.

Da Secret jedoch nur eine Kurzerzählung war, konnte ich dieses schwierige Thema nicht so eingehend, behandeln. Deshalb arbeitete ich weitere drei Jahre daran und quälte mich ab, einen grafischen Roman daraus zu machen. Ich näherte mich dem Thema der Trostfrauen im Rahmen der Frage der Gewalt gegenüber Schwachen, des Imperialis¬mus und der gesellschaftlichen Stratifikation. Als ich Frau Lee Ok-seon interviewte, die im Roman vorkommt, stimm¬te mich die Art und Weise, wie man sie zum Schweigen gebracht hatte, besonders traurig. Frau Lee war Opfer eines grausamen Krieges, ein Opfer, das seine Stimme nicht erhe¬ben konnte, und selbst nach Kriegsende durch die vorherr¬schende gesellschaftliche Stimmung zum Schweigen ver¬dammt war – gerade darüber wollte ich erzählen.

Ihre Graphic Novels werden in zahlreiche Sprachen übersetzt. Allein Grass erschien in 14 Sprachen. Warum haben Ihre Werke eine so allgemeine Anziehungskraft?
Die meisten Übersetzungen meiner Graphic Novels erschienen in Frankreich. Was die japanische Ausgabe von Grass betrifft, so war ich überrascht, dass die Menschen dort die Initiative ergriffen und Veröffentlichung und Ver¬breitung durch Crowdfunding unterstützt haben. Vor allem bin ich den Übersetzern dankbar. Meine Geschichten sind ungewöhnlich und erzählen von menschlichem Leid, was die Übertragung in eine andere Kultur und Sprache nicht einfach macht. Mein Dank gilt allen ÜbersetzerInnen, dar¬unter Mary Lou, die die italienische Übersetzung anfertigte, der koreastämmigen Kanadierin Janet Hong, die die Über¬tragung ins Englische übernahm, und Sumie Suzuki, die ins Japanische übersetzte. Dank all der Hilfe konnten Sinn und Bedeutung des Buches angemessen vermittelt werden.

Haben Sie schon ein neues Werk in Planung?
Jeden Tag gehe ich mit meinen Hunden spazieren. Es ist natürlich nicht allein deswegen, aber ich habe da so ein Konzept für ein Werk über die Beziehung zwischen Mensch und Hund im Kopf, die Grundskizze ist sogar schon fertig. Voraussichtliche Veröffentlichung ist Sommer 2021, der Titel: Hund.

Gendry-Kims jüngste Graphic Novel beleuchtet die Beziehung zwischen Hunden und Menschen. Das Werk soll gegen Ende dieses Jahres von Maumsup Press in Seoul veröffentlicht werden und im Frühjahr 2022 von Futuropolis in Frankreich.

Die Graphic Novels von Gendry-Kim (im Uhrzeigersinn von links): englische Ausgabe von Grass (Drawn & Quarterly, Kanada, 2019), koreanische Ausgabe von Grass (Bori Publishing, 2017), japanische Ausgabe von Grass (Korocolor Publishers, 2020), portugiesische Ausgabe von Grass (Pipoca & Nanquim, Brasilien, 2020), englische Ausgabe von The Waiting (Drawn & Quarterly, Kanada, Sept. 2021), französische Ausgabe von The Waiting (Futuropolis, Frankreich, 2021), koreanische Ausgabe von The Waiting (Ttalgibooks, 2020), koreanische Ausgabe von Alexandra Kim: Daughter of Siberia (Seohaemunjip, 2020).

Kim Tae-hun Journalist
Ha Ji-kwon Wochenzeitschrift Weekly Kyunghyang Fotos

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