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In Love with Korea

2020 AUTUMN

Leben

verliebt in korea Beleuchtung des koreanischen Films

Durch eine Verwechslung entdeckte der Ire Pierce Conran als Jugendlicher den koreanischen Film, was ihn schließlich nach Korea brachte, wo er aus seiner Leidenschaft einen Beruf machte. Heute produziert er Filme, verfasst Kritiken und schreibt für Fans des koreanischen Kinos in aller Welt.

Pierce Conran ist ein Filmfan, der sich pro Jahr bis zu 800 Filme anschaut. Sein absoluter Favorit ist Bong Joon-hos Memories of Murder, der Film, der ihn nach Korea brachte.

Der erste koreanische Film, den Pierce Conran sah, war alles andere als „Teenagerliebe auf den ersten Blick“. Beim Stöbern in einem DVD-Laden geriet er, angelockt von dem verfänglichen Titel und dem auffälligen Cover, an einen Film, von dem er dachte, es sei eine der „interessanten und angesagten“ japanischen Produktionen. Stattdessen sah er Teil 1 der blutigen Rache-Trilogie des südkoreanischen Regisseurs Park Chan-wook (geb. 1963): Sympathy for Mr. Vengeance (2002).

„Ich fand den Film gewalttätig und grausam. Ich wusste einfach nicht, was ich damit anfangen sollte“, meint Conran. „Ehrlich gesagt, verabscheute ich ihn so sehr, dass ich jedem, dem ich begegnete, davon erzählte.“

Doch dieser Film ließ Conran nicht los. Einige Wochen später musste er ihn sich einfach noch einmal ansehen. „Plötzlich begann er mir zu gefallen“, erinnert er sich. „Beim zweiten Schauen begriff ich langsam, dass ein Sinn, eine Absicht dahintersteckt. Ich konnte zwar die Intention des Regisseurs nicht ganz nachvollziehen, wollte aber unbedingt mehr darüber herausfinden.“ Mit einer Mischung aus Aversion gegenüber und Neugier auf Korea schaute sich Conran alle koreanischen Filme, die er auftreiben konnte, an.

Seine jungen Jahre verbrachte der damals 16-Jährige im schweizerischen Fribourg, der Heimat des Gruyère-Käses. Die Nachbarn waren meist Bauern und morgens wurde er von Kuhglocken geweckt. Während seiner etwas einsamen Kindheit in dieser idyllischen Umgebung wurden Filme seine Freunde. Mit zwölf Jahren kehrte Conran nach Irland zurück, wo er ein Internat in Dublin besuchte und seine Freizeit im nahe gelegenen Kino verbrachte. Das war in den 1990ern, einer Zeit, in der der moderne asiatische Film international an Aufmerksamkeit zu gewinnen begann.

Autor, Rundfunkjournalist, Produzent
Ein Satz reicht, um einen Einblick in Conrans Arbeitsleben in Korea zu geben: „Grundsätzlich bemühe ich mich, bei allem, was mit koreanischem Kino zu tun hat, auf irgendeine Weise mitzumachen.“ Dieses Jahr war er z. B. Jury-Mitglied beim jährlich im Juli stattfindenden Bucheon International Fantastic Film Festival (BIFAN).

Aufgabe Conrans ist es, Cineasten auf der ganzen Welt über koreanische Filme zu informieren. Seine Haupttätigkeit ist die Edition der englischsprachigen Ausgabe von KoBiz, der Website des Korean Film Council (KOFIC). Er schreibt Features, Beiträge über Neuigkeiten sowie Kolumnen und plant, einen diesbezüglichen YouTube-Kanal zu moderieren. Neben Schreib- und Produktionstätigkeiten tritt er regelmäßig in Sendungen des englischsprachigen Kabelfernsehkanals Arirang und des Hörfunksenders TBS (Traffic Broadcasting System) auf. Zudem schreibt er für die kanadische Website ScreenAnarchy, die sich hauptsächlich mit Indie-Filmen befasst, und ist für die US-Filmproduktions- und Vertriebsgesellschaft XYZ Films mit Hauptsitz in Los Angeles tätig. Die Filmproduktion ist sein Zweitjob.

Zurzeit produziert Conran ein Stück von Regisseur Lee Sang-woo, dessen Werke als „Inbegriff des koreanischen Indie-Films“ gelten. Mit Streifen wie z. B. Mutter ist eine Hure (2011), Vater ist ein Hund (2012) und Ich bin Abfall (2016) thematisiert der Filmemacher die Schattenseiten der Gesellschaft. Die jüngste Conran-Lee-Kollaboration ist ein 2019 erschienener Teil der Horror-Anthologie Deathcember, an der verschiedene Regisseure aus aller Welt beteiligt waren. Conran und Lee hatten sich 2012 beim Cinema Digital Seoul Film Festival (CinDi) kennengelernt und Lee hatte damals eine Zusammenarbeit vorgeschlagen.

Zu der Zeit machte sich Conran in der koreanischen Filmszene langsam einen Namen. Vor Abschluss seines M. A.-Studiums in Französischer Literatur und Filmwissenschaft am Trinity College Dublin hatte er 2010 den Blog Modern Korean Cinema gestartet und sprang zwischen Bloggen und Verfassen seiner Masterarbeit über Memories of Murder (2003) von Bong Joon-ho hin und her. Diese Bemühungen führten zu Vortragseinladungen zu Konferenzen und zahlreichen internationalen Veranstaltungen. Bloggen war zudem eine Möglichkeit, online mit Fans des koreanischen Films zu kommunizieren, darunter mit Filmkritiker Darcy Paquet, den mittlerweile jeder Koreaner kennt, da er die englischen Untertitel für den Oscar-gekrönten Film Parasite (2019) von Bong Joon-ho verfasste.

Als Paquet vorschlug, Conran solle doch nach Korea kommen, bedurfte es keiner großartigen Überredungskünste, denn Conran hatte schon längst einen Koreaaufenthalt beschlossen. 2012 kam er in Korea an, wo er anfangs in einem Englisch-Hakwon (privates Lerninstitut) unterrichtete. Aber schon wenige Monate später bekam er den Editor-Job für KoBiz. Danach ging alles sehr schnell.

Pierce Conran ist zwar in erster Linie Filmkritiker, steht aber auch hin und wieder vor der Kamera. So hatte er einen Kurzauftritt als Journalist in Yeon Sang-hos im Juli 2020 herausgekommenen Film Peninsula, der Fortsetzung des Zombie-Blockbusters Train to Busan (2016). © Next Entertainment World

Tiefer eintauchen
Für Conran sind diese rasanten Veränderungen zwar reines Glück, Grundstein dafür waren aber seine Fimleidenschaft und sein „Hang zur Besessenheit“. Kurz gesagt: Seine Begeisterung ließ ihn neue Chancen ergreifen. „Meine enthusiastische Haltung hat mein Leben in vielerlei Hinsicht verändert, v. a. im privaten Bereich,“ fügt er hinzu.

„Ich hatte ohne Zweifel großes Glück, aber ab und zu mache ich mir Sorgen, dass jemand mir den Zauberteppich unter den Füßen wegziehen könnte. Mal ganz ehrlich: Zurückzuführen ist das alles doch auch darauf, dass ein westlicher Weißer eine positive Meinung über den koreanischen Film hatte. Das hat sich zu meinem Vorteil ausgewirkt, dessen bin ich mir völlig bewusst.“

In seinem Privatleben spielte die Ehe mit der Regisseurin Lee Kyung-mi eine bedeutende Rolle. In einem Zeitungsartikel wurde Conran als „Seongdeok“ bezeichnet, was so viel wie „erfolgreicher Fan“ bedeutet und auf Anhänger von K-Pop-Stars referiert, die ihr Idol persönlich treffen konnten. Lachend sagt er: „Ich war ein großer Fan von Kyung-mis Crush and Blush von 2008 und freute mich schon auf ihren nächsten Film.“ Sie lernten sich auf einer Party kennen, wo ein befreundeter Regisseur Lee zu ihm herüberbrachte und dann laut gerufen haben soll: „Darf ich vorstellen: Lee Kyung-mis neuer Freund!“ Trotz dieses etwas peinlichen Beginns – seiner Erinnerung nach hatte er damals, sich die Arme reibend, „Oh, hallo“ gesagt und dann einfach da gestanden, als die Leute Fotos schossen – nahmen die Dinge einen natürlichen Lauf und 2018 heirateten die beiden.

Neben seinen zahlreichen Tätigkeiten unterstützt Conran seine Frau auf vielfältige Weise beim Filmemachen. In ihrem Beitrag zur vierteiligen Netflix-Anthologie Persona (2018) spielte er den Part des potentiellen Freundes der Protagonistin, die von K-Pop Star IU gespielt wird. Das Mädchen verspricht ihm ein Date unter der Bedingung, dass er dafür zuerst die neue Freundin (gespielt von Bae Doona) ihres Vaters verführt. Conran hat zwar keine Absicht, Schauspieler zu werden, erklärt aber: „Ich liebe es einfach, am Set dabei zu sein. Auf diesem Level mitmachen zu dürfen, ist für mich aufregend.“ Er ist auch in Peninsula (2020) zu sehen, der im Sommer 2020 erschienenen Fortsetzung von Yeon Sang-hos Zombie-Thriller Train to Busan aus dem Jahr 2016.

In die Zukunft
Aus Conrans Sicht hat die Einstellung zum koreanischen Film im Laufe der letzten Jahre Veränderungen erfahren, wofür Parasite ausschlaggebend war. Das Niveau, die einzigartigen Themen und der hohe Produktionswert koreanischer Filme hätten international schon immer ziemlich hohes Ansehen genossen, aber während in der Vergangenheit glänzende Kritiken oft noch etwas gezwungen anmuteten, so sei es heute ganz anders. „Koreanisches Kino hat unendlich viel Potenzial,“ meint Conran. „Genrefilme liegen weltweit im Trend, was sich vorteilhaft für Korea auswirkt.“ Zudem etablieren sich Streaming-Dienste immer mehr, ein Trend, der durch die soziale Distanzierung infolge der COVID-19-Pandemie noch weiter verstärkt wird. Conran glaubt, dass die koreanische Unterhaltungsindustrie, die ihr Potenzial mit TV-Serien hinreichend bewiesen hat, große Vorteile besitzt.

Was ihm Sorgen bereitet, ist jedoch die Begrenztheit der Inhalte: „Was Handlung und Musik betrifft, so finden sich heutzutage überall methodische Anlehnungen an z. B. Bong Joon-ho, Park Chan-wook und Christopher Nolan. Vor 15 Jahren gab es zwar viele Flops bzw. Herumexperimentiererei, das war aber hoch spannend. Heute sind die Filme zu aufpoliert und viele ähneln einander.“ Conrans Filmgeschmack ist breit gefächert, aber er hat eine besondere Vorliebe für Genrefilme mit unklaren oder starken Botschaften. Memories of Murder ist sein absoluter Favorit. Dieser von ihm als „perfekt“ bewertete Film ist auch das Werk, das ihn fesselte und nach Korea brachte.

Was er an koreanischen Filmen am meisten liebt, hat eigentlich viel mit dem zu tun, was ihm an seiner Wahlheimat nicht so gefällt. „Als ich zum ersten Mal nach Korea kam, fand ich alles spannend und aufregend, alles war einfach toll. Aber dann war das plötzlich mein Alltagsleben und es gab Aspekte, die mir missfielen.“ Damit meint er z. B. Geschäftspraktiken, patriarchalische Strukturen und verschiedene soziale Probleme. „Das Großartige an koreanischen Filmen ist, dass sie versuchen, alles Schlechte, all das Leid, das die einzelnen Generationen in der Geschichte des 20. Jhs erleben mussten, und alle Übel der modernen Gesellschaft überwinden zu helfen.“

So haben sich Conrans Gefühle gegenüber Korea mit der Zeit verändert. „Als ich durch meine Heirat in eine neue Familie aufgenommen wurde, haben sich mein Verständnis und meine Liebe zu Korea weiter vertieft. Das hat mir geholfen, mein Koreanisch zu verbessern, auch wenn es langsam vorangeht,“ sagt Conran. Er hofft, sich in Zukunft stärker auf die Filmproduktion konzentrieren zu können, und weiß, dass sein Koreanisch dafür gut sein muss.

Der vollkommene Filmenthusiast und begeisterte Sammler von Blu-rays scheint wirklich glücklich zu sein, weil er das macht, was er liebt. „Ich schaue mir sehr viele Filme an. Eigentlich viel zu viele, so an die 800 pro Jahr,“ sagt er und scheint von der Zahl selbst überrascht zu sein. Lächelnd fügt er hinzu: „Das ist mein Beruf.“ 

Cho Yoon-jung Freiberufliche Schriftstellerin, Übersetzerin
Fotos Heo Dong-wuk

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