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Art Review

2021 AUTUMN

Freimütigkeit und Humor eines Vater-Sohn-Duos

Die Kunstausstellung eines Vater-Sohn-Duos, als solche schon eine Seltenheit, erwies sich als angenehm unterhaltsam sowie ergreifend und aufschlussreich. Joo Jae-hwan (geb. 1941) war eine wichtige Persönlichkeit der Minjung-Kunstbewegung, die sich in den 1980er Jahren der Militärdiktatur widersetzte. Sein Sohn Joo Ho-min (geb. 1981), ein beliebter Webtoon-Künstler, hat zweifellos die Begabung seines Vaters für geistreiches und humorvolles Geschichtenerzählen geerbt.

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Porträt von Homin (links). Joo Jae-hwan. 2020. Acryl auf Leinwand, Plastikspielzeug. 53,2 × 45,5 cm. Porträt von Joo Jae-hwan. Joo Ho-min. 2021. Digitale Zeichnung.Der Maler Joo Jae-hwan und der Webtoon-Künstler Joo Ho-min, bei denen es sich um Vater und Sohn handelt, posieren vor ihren Porträts, die Seite an Seite im Seoul Museum of Art hängen. Joo Jae-hwan, der Vater, hat die wichtigen Begebenheiten in der modernen Geschichte mit scharfem Humor betrachtet, sein Sohn ist berühmt für den Webtoon Along with the Gods, eine geistreiche, auf koreanischen Mythen basierende Interpretation der Grenze zwischen Leben und Tod.
© Park Hong-soon, Monthly Art

Es gibt Kunstausstellungen, die man erst dann versteht, wenn man sich intensiv mit der Materie befasst hat. Aber manchmal möchte man Kunstwerke ohne großes Sinnieren darüber genießen. Die Ausstellung Homin und Jae-hwan, die vom 18. Mai bis 1. August 2021 im Seoul Museum of Art stattfand, bot genau eine solche Gelegenheit. Auf den ersten Blick hatte sie etwas Unbeschwertes, aber sie war keineswegs ohne Tiefe. Die scharfe Kritik an verschiedenen sozialen Themen schlug dem Betrachter nicht mit geballtem Ernst entgegen, da die künstlerische Welt von Vater und Sohn von unverblümter Offenheit und Humor durchdrungen ist.

Joo Jae-hwan vermittelt seine Botschaften durch eine Kombination aus Bild und Text. Die Texte bestehen aus Metaphern, die die Vorstellungskraft des Betrachters erweitern. Im Gegensatz dazu wird der Text in den Webtoons von Joo Ho-min hauptsächlich als narrative Botschaft in Sprechblasen präsentiert, was dem Leser filmische Imagination anbietet. Es ist besonders interessant, auf dieser Ausstellung von Vater und Sohn die Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Umgang mit Bild und Text in den jeweiligen Genres herauszufinden.



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Frühlingsregen, eine Treppe herabsteigend. Joo Jae-hwan. 2010. Acryl auf Leinwand.193,7×130 cm.Diese Arbeit wurde erstmals 1980 auf der Antrittsausstellung der Kunstgruppe Reality and Utteranc e gezeigt. Marcel Duchamps Akt, eine Treppe herabsteigend parodierend, bringt es auf satirische Weise Absurditäten und Unterdrückung, unter denen die gesellschaftlich Marginalisierten zu leiden haben, zum Ausdruck. Während des folgenden Jahrzehnts führte Reality and Utterance die sozial engagierte Kunst durch die als „Minjung Misul“ bekannte Volkskunstbewegung an.

VATER JOO JAE-HWAN
Joo Jae-hwan begann 1960 an der Hongik Universität Westliche Malerei zu studieren, musste sein Studium aber aufgrund familiärer Umstände abbrechen. Er versuchte sich in verschiedenen Berufen, bevor er mit fast 40 Jahren den Weg des Künstlers einschlug. „Ich begann meine Lauf bahn als Künstler meiner Veranlagung folgend, auf ganz natürliche Weise“, so seine Erklärung.

Aus dem Schoß der Kunstgruppe Reality and Utterance, die 1980 gegründet und 1990 aufgelöst wurde, entstand die Minjung-Kunstbewegung (Volkskunstbewegung), die das soziale Engagement der Kunst förderte. Als eins der Gründungsmitglieder präsentierte Joo auf der ersten Ausstellung der Kunstgruppe das Gemälde Frühlingsregen, eine Treppe herabsteigend, das eindrucksvoll auf Nude descendant un escalier (Akt, eine Treppe herabsteigend) von Marcel Duchamp anspielte. Joo schuf danach weitere Variationen dieses Gemäldes. „Frühlingsregen“ im Titel meint eigentlich den Harnstrahl der Männer auf der Treppe. Dieser Frühlingsregen, der sich immer stärker werdend die Treppe hinunter ergießt, symbolisiert Absurdität und Unterdrückung, die Menschen am unteren Ende der sozialen Leiter ertragen müssen.

Stoffe für seine Werke findet Joo überall im Alltag. Das zeigen vor allem seine Installationsarbeiten Wasser vs. die unehelichen Kinder des Wassers (2005) aus einem Wäscheständer mit vielen daran hängenden Getränkeflaschen – ein Fingerzeig auf die Umweltproblematik – sowie Gestohlenes Tuch (2012), das die Frage nach dem Mangel an Moral in der modernen Gesellschaft anhand eines in der Nachbarschaftssauna gestohlenen Handtuchs aufwirft. Joo recycelt weggeworfene Alltagsgegenstände, um eine soziale Botschaft mit einem Hauch von Humor und Satire zu vermitteln, was als charakteristisches Merkmal seiner Kunst gilt. In einem kürzlich geführten Interview sagte er, dass seine ungezwungene Schaffenswelt und sein Sinn für Humor wohl „intransitiv, und nicht transitiv“ seien, um es mit der Verbgrammatik zu vergleichen. Er fügte hinzu: „An meiner Überzeugung, dass man die Ausstellungsbesucher nicht zum Gähnen bringen darf, hat sich nichts geändert, aber mit der Zeit habe ich gelernt, dass jeder Künstler seine ganz eigene Welt hat.“

In seinen jungen Jahren rebellierte Joo gegen soziale Ungleichheit, Militärdiktatur und Koreas stereotype Dansaekhwa („Koreanische Monochrome Malerei“, auch „Koreanischer Minimalismus“ genannt). Aber jetzt, da sich die koreanische Gesellschaft demokratisiert hat und und Ruhe in sein Leben und Gemüt eingekehrt ist, denkt er oft darüber nach, dass „jeder seine eigenen Gründe hat“. Er erklärte: „Es gibt in der Gesellschaft immer zwei Wege: einen Weg der Hoffnung und einen Weg der Verzweiflung, die stets ineinander greifend verlaufen. Es ist das menschliche Schicksal, dass Positives und Negatives vermischt sind.“ Außerdem gestand er, dass er auch gelernt habe, wie hilf los ein Künstler sein kann.

„In dem Moment, in dem sein Werk zum Präsentieren an die Wand gehängt wird, fühlt sich der Künstler machtlos. Die Bewertung wird dem Besucher überlassen. Wenn dann ein Ausstellungsbesucher etwas Neues entdeckt, an das man selbst noch nie gedacht hat, lernt man wieder etwas hinzu.“

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Wasser vs. die unehlichen Kinder des Wassers. Joo Jae-hwan. 2005. Aluminum Trockenständer, verschiedene Getränke.Abmessungen variabel.Leere PET-Flaschen und Dosen hängen als Warnung vor Umweltproblemen an einem großen Trockenständer. Bei diesem visuellen Kommentar über die Begierden des modernen Menschen und seiner Doppelmoral im Konsumverhalten fokussierte sich Joo auf die Tatsache, dass man um so durstiger wird, je mehr kohlensäurehaltige Getränke man konsumiert.

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8601 Diamonds vs. Stone Rice. Joo Jae-hwan. 2010. Topf, Steine, Kopie eines Fotos im Glasrahmen. 70,8 × 53,7 cm.Die Geschichte einer in einem brasilianischen Armenviertel lebenden Mutter, die ein hungriges Kind zum Einschlafen bringen muss, wird kontrastiert mit Damien Hirsts For the Love of God, einem mit Diamenten bedeckten Menschenschädel, um die Einkommensunterschiede in einer kapitalistischen Welt aufzuzeigen.

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Ein gestohlenes Handtuch. Joo Jae-hwan. 2012. Acryl auf Leinwand, Handtuch-Collage. 66 × 53 cm.Diese Arbeit satirisiert das mangelnde ethische Bewusstsein von Leuten, die Handtücher aus den öffentlichen Badehäusern in ihrer Nachbarschaft mitgehen lassen. Joo Jae-hwan wählt vertraute, alltägliche Gegenstände und Episoden als Motive für intuitiven Ausdruck.

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Happy Tears. Joo Jae-hwan. 2008. Acryl auf Leinwand, Marker Ink. 96,3 × 96,5 cm.Das Werk ist eine Parodie auf Roy Lichtensteins Happy Tears. Verwickelt in einen Fall illegaler Geldanhäufung eines koreanischen Konglomerats, der 2008 für Schlagzeilen sorgte, vermittelt es eine Botschaft über gesellschaftliche Polarisierung.

Vater und Sohn, Malerei und Webtoons, analog und digital, Bilder und Texte nebeneinander platziert: Die Ausstellung Homin and Jaehwan war ein Festival für alle, die Spaß am Geschichtenerzählen haben.

 

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What Are They Doing Down the Stairs? Joo Ho-min. 2021. Digitaler Flexdruck. 740 × 220 cm.Joo Ho-mins große Installation parodiert das wohlbekannte Werk seines Vater Frühlingsregen, eine Treppe herabsteigend. Es ist seine Reinterpretation des Humors und der Resistenz seines Vaters.

DER SOHN JOO HO-MIN
Genau in diesem Punkt stimmt Joo Ho-min mit seinem Vater überein. Für ihn sind die Bewertungen seiner Leser von großer Bedeutung. Schon als Kind hat er seinem Künstlervater bei der Arbeit über die Schulter geschaut. Wohl beeinflusst von ihm, begann er als Mittelschüler, Cartoons zu zeichnen, und freute sich, wenn seine Freunde sie mit großem Spaß lasen. Seitdem ist er „süchtig“ nach sofortigem Leser-Feedback auf seine Arbeiten. Mit dem Anliegen, die Menschen mehr zum Lachen zu bringen, startete er seine Karriere im Jahr 2000 damit, seine Cartoons auf eine Internet-Community-Webseite hochzuladen.

Joo Junior machte sich mit Jjam (2005), seinem offiziellen Debütwerk über das Militärleben, einen Namen, und wurde mit der Serie Along with the Gods (2010-2012), einer Fantasy-Action-Geschichte über Tod und Reinkarnation durch sieben Prozesse in der Hölle, zu einem der repräsentativsten Webtoonisten Koreas. Along with the Gods: The Two Worlds (2017), die Filmversion dieser Serie, zog über 14 Millionen Zuschauer an, die drittgrößte Zuschauerzahl in der Geschichte des koreanischen Kinos. Die Fortsetzung Along with the Gods: The Last 49 Days (2018) konnte über 12 Millionen Zuschauer mobilisieren.

Dieser Star-Webtoonist und YouTuber mit 230.000 Abonnenten gestand, dass er bei den Vorbereitungen für die Ausstellung Homin und Jaehwan „weglaufen wollte“. Der Grund dafür: „Da Comics ja eigentlich nicht für Ausstellungen gezeichnet werden, war es mir etwas peinlich meine Zeichnungen an einer Galeriewand hängen zu sehen. Ich hatte auch große Bedenken, wie die Besucher meine Werke wohl annehmen würden.“ Diese Sorgen erwiesen sich allerdings als unbegründet.

Die Gemälde und Installationen von Joo Jae-hwan, die die Ausstellungshalle im zweiten Stock des Museums füllten, boten visuell eine breite Vielfalt. Die Halle im dritten Stock, in der Digitaldrucke wichtiger Szenen aus Joo Ho-mins repräsentativsten Serien und seine Storyboard-Skizzenblöcke ausgestellt waren, wirkte verglichen damit etwas farblos. Nichtsdestotrotz betrachteten viele Besucher die Exponate sehr genau und verloren sich in den von ihm geschaffenen Geschichten. So wie Buchleser beim Lesen zwischen den Zeilen ihrer Fantasie freien Lauf lassen, so lud die Leere dieses Raums die Ausstellungsbesucher dazu ein, die einzelnen Szenen noch einmal auf leben zu lassen und die Geschichten richtig zu genießen. Die Bücher, die Joo Ho-min bei seiner Arbeit inspiriert hatten, wurden ebenfalls ausgestellt und zeigten, wie Alltägliches zu wertvollen Quellen der Vorstellungskraft werden kann.

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Besucher betrachten eine Szene aus Joo Ho-mins Webtoon Along with the Gods: The Two Worlds, die die Sicht der Koreaner auf das Leben nach dem Tod widerspiegelt. Das Exponat zeigt Elemente aus verschiedenen Mythen und Geschichten, die in Webtoons erscheinen.
© Yonhap News

KOLLABORATION
Das Besondere an der Ausstellung war, dass es sich um eine Kollaboration von einem Vater und einem Sohn handelte, die in unterschiedlichen Genres arbeiten. Die Ausstellungsbesucher wurden als erstes von den Porträts der beiden Künstler, die nebeneinander im Galerieeingang hingen, begrüßt: Das Portrait of Homin (2020) von Joo Jae-hwan, eine Collage aus einem Eiscreme-Modell und einer Sonnenbrille, und Joo Ho-mins im Webtoon-Stil gehaltene digitale Zeichnung Portrait of Joo Jaehwan (2021). Sowohl Vater als auch Sohn haben die gegenseitige Darstellung des anderen recht nüchtern bewertet. Der Vater empfand sich beim Betrachten seines vom Sohn gefertigten Porträts als „gut gealtert“, während der Sohn meinte, die Arbeit seines Vaters sei „einfach total lustig“.

Der Sohn hat als Anspielung auf das Gemälde seines Vaters Frühlingsregen, eine Treppe herabsteigend eine großformatige Installation präsentiert: Was machen sie auf der Treppe? (What Are They Doing Down the Stairs?) (2021). Während die Arbeit des Vaters das Absteigen von oben nach unten und die Bewegung von links nach rechts darstellt, zeigt das Werk des Sohnes mehrere Charaktere in Aufwärtsbewegung, die sich gegenseitig helfend nach oben ziehen und damit für Aufstieg und Kooperation stehen. Es ist seine eigene Neuinterpretation des Widerstandsgeistes und des Humors seines Vaters.

Joo Ho-min, für den es als Kind etwas „Selbstverständliches“ war, seinen Vater an Kunstwerken arbeiten zu sehen, spürt nun selbst als Künstler, „wie schwierig und wundersam“ künstlerisches Schaffen ist. Auch erklärte er: „Ich finde es großartig, dass mein Vater mit 80 Jahren immer noch arbeitet. Ich selbst fühle mich in meinem Alter manchmal schon überfordert. Es ist wirklich fast unbegreiflich, wie er sich all die Jahre ununterbrochen dem Kunstschaffen gewidmet hat“, meinte er voller Repekt.

Die Ausstellung endete mit einem Video des Streamer-Sohns und des Maler-Vaters. Im modifizierten Format des „Wähle deinen Favoriten“-Turniers zeigt im Video der Sohn seinem Vater mehrmals zwei seiner Werke und lässt ihn sein Lieblingswerk wählen. Vater Joo erzählt Geschichten über das jeweils von ihm gewählte Werk, erzählt über die Hoffnungen, die er zur Zeit der Herstellung hatte, und Erinnerungen an Dinge, die er mit seinem Sohn erlebte.

Auf die Frage, ob er nicht enttäuscht sei, dass sein Name im Titel der Ausstellung nicht an erster Stelle erschien, antwortete Joo Jae-hwan: „Das gefällt mir sogar besser so.“ Und er fügte hinzu: „Es ist eine überholte Art des Denkens, Werke in Genres wie Malerei oder Cartoon einzuteilen oder haarspalterisch zu klären, wessen Name an erster Stelle kommt.“

Vater und Sohn, Malerei und Webtoons, analog und digital, Bilder und Texte nebeneinander platziert: Die Ausstellung Homin and Jaehwan war ein Festival für alle, die Spaß am Geschichtenerzählen haben.

Yoon So-yeonJournalistin, Korea JoongAng Daily
Ahn Hong-beom Fotos

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