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2021 AUTUMN

HANGEUL: INS GLOBALE RAMPENLICHT

Ein phonetisches Alphabet für das Volk

Hangeul ist ein gut organisiertes, systematisches Alphabet mit Buchstaben, deren Gestalt der Form der Sprechorgane, die bei ihrer Artikulierung verwendet werden, nachempfunden ist. Diese erste Schrift mit einer Silbenstruktur aus einem anlautenden Konsonanten, einem inlautenden Vokal und einem auslautenden Konsonanten wurde entwickelt, damit das einfache Volk sie leicht erlernen und im Alltag anwenden kann.

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König Sejong (reg. 1418-1450), der vierte Herrscher des Joseon-Reichs und der am meisten verehrte koreanische Monarch, schuf Hangeul und brachte während seiner Regierungszeit eine kulturelle Renaissance auf den Weg. Eine 6,2m hohe und 4,3m breite Statue dieses weisen Königs beherrscht den im Herzen Seouls vor dem Palast Gyeongbok-gung gelegenen Gwanghwamun-Platz.
© Ha Ji-kwon

Die Verkündung von Hangeul 1446 führte nicht nur zu einer nahezu flächendeckenden Alphabetisierung in Korea, sondern ermöglichte auch, dass sich gesprochenes und geschriebenes Koreanisch endlich einander entsprachen. Das phonetische Alphabet sollte schließlich die Verwendung der chinesischen Schrift einarder ersetzen, eines Schriftsystems, das Elite und Durchschnittsbürger trennte und zur Inkongruenz der gesprochenen und geschriebenen Sprache führte.

Hangeul wurde von König Sejong (reg. 1418-1450), dem vierten Regenten des Joseon-Reiches (1392–1910), geschaffen. Sejong widmete sich der Entwicklung neuer Schriftzeichen, die auch der einfache Mann leicht lernen und in seinem Alltagsleben praktisch anwenden konnte.

Im Vergleich zu anderen bedeutenden Schriftsystemen weist Hangeul bezüglich des gesellschaftlichen Hintergrunds seiner Schaffung und der angewendeten Entwicklungsprinzien augenfällige Besonderheiten auf.

Ursprünglich wurde das koreanische Alphabet „Hunminjeongeum“ genannt: „Richtige Laute zur Unterweisung des Volkes“. Das war auch der Titel des ersten Dokuments, das Prinzipien und Verwendung der Schrift erklärte. Die heutige Bezeichnung „Hangeul“ wurde 1912 von einem koreanischen Sprachwissenschaftler geprägt. Die Silbe „han (한)“ bedeutet „groß“, referiert aber auch allgemein auf Korea bzw. Koreanisch; „geul (글)“ bedeutet „Schrift“. Zusammengesetzt ergibt das „koreanische Schrift“. Die 24 Buchstaben des Alphabets (14 Konsonanten und 10 Vokale) gehören zu den ursprünglich 28 (17 Konsonanten und 11 Vokalen) Buchstaben. Die Konsonanten ahmen die Form des Mundes bei ihrer Artikulation nach. Hangeul ist sowohl alphabetisch als auch silbisch.

VON LOGOGRAPHIE ZU PHONOGRAPHIE
Schriftzeichen können nicht getrennt von der gesprochenen Sprache betrachtet werden, sondern definieren sich in Relation zu ihr. Unter den Bausteinen der gesprochenen Sprache gibt es einerseits Phoneme und Silben, die mit bestimmten Lauten korrespondieren, aber selbst keine Bedeutung tragen. Diese Laut-Buchstaben-Zuordnung wird „Phonographie“ genannt. Andererseits gibt es kleinste Einheiten, die sog. Morpheme, die sowohl lauttragend als auch bedeutungstragend sind. In diesem Fall spricht man von „Logographie“.

Im phonographischen Schriftsystem Hangeul stehen Zeichen wie ㄱ und ㅏ für einen Konsonanten bzw. einen Vokal, die ohne einen nachfolgenden Vokal bzw. Konsonanten keinerlei Bedeutung haben. Im Gegensatz dazu steht das als [shŏu] ausgesprochene chinesische logographische Zeichen 首 für „Kopf / Haupt / Oberhaupt / Anführer“. Es behält seine Bedeutung in dem Zeichen 首都 (Hauptstadt), ausgesprochen [shŏudū]. In dem Zeichen für Seoul 首尔, ausgesprochen [shŏu’ěr], bei der es um die phonetische Nähe zur Aussprache des Namens der Stadt Seoul geht, verliert es jedoch seine Bedeutung. Dies ist ein Beispiel dafür, dass ein zu einem logographischen Schriftsystem gehörendes Zeichen bei Bedarf unabhängig vom ursprünglichen Sinngehalt auf eine spezielle Weise verwendet werden kann, was „Rebus-Prinzip“ genannt wird.

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Episoden aus dem Leben des Sakyamuni Buddha (Seokbo sangjeol), Vol. 6, 9, 13, 19. 1447. Metalltypen-Druck. Sammlung der Koreanischen Nationalbibliothek.Auf Bitte von König Sejong kompilierte sein zweiter Sohn, Prinz Suyang (der spätere König Sejo), diesen bibliograhischen Bericht über den historischen Buddha und eine Zusammenfassung seiner auf chinesischen Sutren basierenden Predigten. Zum Gedenken an die 1446 verschiedene Königin Soheon veröffentlicht, ist es das allererste Werk, von dem bekannt ist, dass es nur in koreanischen Schriftzeichen verfasst wurde.
© National Library of Korea

EVOLUTION VON SCHRIFTSYSTEMEN
Die meisten der von der Menschheit verwendeten Schriften finden ihre Anfänge in Logogrammen. Zunächst wurden die Schriftzeichen sowohl logographisch als auch phonetisch verwendet. Letzteres setzte sich allmählich durch und ersetzte Ersteres, sodass Phonogramme entstanden.

Das von den ägyptischen Hieroglyphen beeinflusste phönizische Alphabet entwickelte sich zu einer phonographischen Schrift und verbreitete sich westwärts Richtung Europa, wo daraus die griechische, die kyrillische und die römische Schrift wurden. Im Zuge seiner Verbreitung Richtung Osten entstanden die hebräische und die arabische Schrift. Bei der Kreierung von phonetischen Zeichen lässt sich eine allgemeine Tendenz ausmachen. So werden bei hebräischen und arabischen Zeichen primär Zeichen für Konsonanten verwendet und Vokale nur sekundär markiert. Ein solches Schriftsystem wird „Abdschad“ (auch „Abjad“) genannt. Es entwickelte sich in Indien zu der konsonantenorientierten Schrift „Abugida“ (Mischung aus Alphabet- und Silbenschrift), die den auf einen Konsonanten folgenden Vokal nicht notiert; in anderen Wortpositionen werden die Vokale durch das Hinzufügen eines diakritischen Zeichens markiert. Auch die tibetischen Schriftarten sind im Grunde Abugidas, wobei die Vokale jedoch etwas unabhängiger sind. Mit der Phagpa-Schrift (auch: Phagspa) wurden die Vokalzeichen dann völlig von den Konsonanten getrennt. Diese Schrift stellt eine Zwischenstufe zwischen einer Abugida-Schrift und einer Alphabetschrift dar, wobei in der letzteren Vokale und Konsonanten völlig gleichberechtigt sind. Je tiefer die Schriftsysteme in den asiatischen Kontinent vordrangen, desto selbstständiger wurden die Vokalzeichen in den sich weiterentwickelnden Schriften. Ausgeprägtestes Beispiel dieser Tendenz ist Hangeul, ein vollständiges Alphabet.



ENTWICKLUNG VON HANGEUL
Die Schöpfer der wichtigen Schriftsysteme auf der Welt sind nur schwer auszumachen, da sich eine Schrift auf natürliche Weise über lange Zeiträume entwickelt und verbreitet. Die einzige Ausnahme ist Hangeul. Der Entwicklungszeitraum dieser Schrift ist klar abgesteckt und ihr Erfinder bekannt, auch wenn es Theorien über seine Helfer gibt.

Obwohl allgemein vermutet wird, dass mehrere Gelehrten des königlichen Forschungsinstituts Jiphyeonjeon (Halle der Ehrwürdigen) Hangeul entwickelten, ist es nach Prüfung zahlreicher historischer Aufzeichnungen hochwahrscheinlich, dass Hangeul die alleinige Schöpfung von König Sejong ist. In den Annalen des Joseon-Reiches ist der kurze Eintrag zu finden, dass König Sejong im 12. Monat seines 25. Regierungsjahrs Hangeul schuf. Es ist der erste schriftliche Beleg für Hangeul. Hätte der König mit den Gelehrten des Jiphyeonjeon zusammengearbeitet, wäre ein solches Procedere in den Hofannalen dokumentiert worden. Bedenkt man das Fehlen eines entsprechenden Vermerks, lässt sich vermuten, dass König Sejong Widerstand von Seiten seiner Hofberater fürchtete und das Projekt heimlich durchführte.

Der in der chinesischen Phonologie bewanderte Regent wäre durchaus in der Lage gewesen, das phonetische System des Koreanischen sowie Merkmale und Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Phonemen selbstständig und genau zu analysieren. Daher ist anzunehmen, dass Sejong die Unterstützung der Jiphyeonjeon-Gelehrten für die Entwicklung von Büchern in Hangeul erst nach der Schaffung des Alphabets mobilisierte.



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Lied der Reflektion des Mondes auf tausend Flüssen (Worin cheongang ji gok), Vol.1. Metalltypendruck. 1447. Sammlung des MiraeN Textbook Museums. Diese Sammlung von Gedichten aus der Feder von Köng Sejong lobpreist die tugendhaften Taten des Sakyamuni Buddha. Sie wurde 2017 zum Nationalschatz erklärt.
ⓒ Mit freundlicher Genehmigung des MiraeN Textbook Museum und der Cultural Heritage Administration

PRINZIPIEN DES NEUEN SCHRIFTSYSTEMS
Die Grundeinheiten von Hangeul entsprechen den Phonemen der gesprochenen Sprache, Konsonanten- und Vokalzeichen sind gleichwertig. Das gilt auch für die lateinische Schrift. Aber bei anderen Schriftsystemen, einschließlich des lateinischen, bedeutet die Ähnlichkeit zweier Phoneme nicht, dass auch die Buchstabenzeichen, für die sie stehen, ähnlich aussehen.

Im Englischen, dessen Schrift auf dem lateinischen Alphabet basiert, sind p und b Bilabiale, t und d Alveolare, k und g Velare. Wie diese Paare zeigen, ähneln sich die Formen der Zeichen für am selben Ort artikulierte Laute nicht. Zudem sind p, t, k stimmlos und b, d, g stimmhaft – auch diesbezüglich besteht keinerlei Ähnlichkeit in der Zeichenform. Im Gegensatz dazu ähneln sich die Hangeul-Zeichen mit demselben Artikulationsort: Bilabiale ㅁ, ㅂ, ㅍ, ㅃ; Alveolare ㄴ, ㄷ, ㅌ, ㄸ und Velare ㅇ, ㄱ, ㅋ, ㄲ.

Auch die Nasale ㅁ, ㄴ, ㄷ, die ungespannten Lenes ㅂ, ㄷ, ㄱ, die Aspiranten ㅍ, ㅌ, ㅋ und die gespannten Fortes ㅃ, ㄸ, ㄲ weisen eine Korrelation zwischen Form und Artikulation auf. Nasale werden durch Hinzufügen eines Striches zu ungespannten Lenes (ㅁ→ㅂ, ㄴ→ㄷ); ungespannte Lenes werden durch Hinzufügen eines Striches zu Aspiranten (ㅂ→ㅍ, ㄷ→ㅌ, ㄱ→ㅋ); aus zwei ungespannten Konsonanten wird ein gespannter Konsonant (ㅂ→ㅃ, ㄷ→ㄸ, ㄱ→ㄲ). Ein Schriftsystem, das die Korrelationen zwischen Form und Artikulation so deutlich widerspiegelt, ist selten zu finden.

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Diese Tafel illustriert die Prinzipien hinter dem Aufbau der Hangeul-Zeichen. Die fünf Grundkonsonanten (ㄱ, ㄴ, ㅁ, ㅅ, ㅇ), deren Design die für ihre Artikulation gebrauchten Stimmorgane imitiert – Backenzähne, Zunge, Lippen, Vorderzähne und Kehle – werden um zusätzliche Striche ergänzt, um weitere Buchstabenzeichen zu schaffen. Die drei nach Himmel (ㆍ), Erde (ㅡ) und Mensch (ㅣ) modellierten Vokalgrundkomponenten werden auf verschiedene Art kombiniert, um unterschiedliche Laute abzubilden.

Je tiefer die Schriftsysteme in den asiatischen Kontinent vordrangen, desto selbstständiger wurden die Vokalzeichen in den sich weiterentwickelnden Schriften. Ausgeprägtestes Beispiel dieser Tendenz ist Hangeul, ein integrales Alphabet.

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Hier einige der über 600 Hangeul-Metalltypen, die im Juni 2021 in Insa-dong, Zentralseoul, ausgegraben wurden. Über 1.600 in der frühen Joseon-Zeit gefertigte Metalltypen wurden im Zuge der Ausgrabungen und Untersuchungen im Vorfeld eines Stadtsanierungsprojekts entdeckt. Darunter finden sich Lettern der frühesten Hangeul-Versionen. Zu den weiteren Funden an derselben Stelle gehören Teile einer Sonnen- und einer Wasseruhr, die aus der Regierungszeit von König Sejong stammen dürften, und einige Feuerwaffen aus dem späten 15. oder 16. Jahrhundert. Während der Joseon-Zeit lagen die Regierungsbüros in Insa-dong neben dem Palast Gyeongbok-gung. Die Relikte wurden wahrscheinlich nach 1588 in irdenen Krügen vergraben. Sie befanden sich rund drei Meter unter der Erde im niedrigsten Stratum der deutlich unterschiedlichen geologischen Lagen in diesem Gebiet.
ⓒ Cultural Heritage Administration

AUFNAHME UND VERBREITUNG
Lange Zeit taten die Gelehrten der Oberschicht Hangeul als ihrer unwürdig ab und verwendeten weiterhin überwiegend chinesische Hanja-Zeichen. Dass Hangeul unter solchen Umständen trotzdem allmählich angenommen wurde und Verbreitung fand, ist u. a. den Frauen, dem Buddhismus sowie der Erzählliteratur zu verdanken.

Anders als Männer hatten in der Vormoderne Frauen, einschließlich Frauen der Oberschicht, kaum Zugang zur formalen Bildung. Einfachheit und Effizienz von Hangeul ermöglichte ihnen ein problemloses schriftliches Kommunizieren. Mütter und ihre verheirateten Töchter tauschten meist in Hangeul verfasste Briefe aus. Auch beim Schriftverkehr zwischen einem außerhalb der Stadt diensttuenden Ehemann aus der adligen Yangban-Oberschicht und seiner zu Hause gebliebenen Ehefrau wurde Hangeul verwendet, da die Frauen die chinesischen Schriftzeichen meist nicht beherrschten. Solche in Hangeul verfassten Briefe liefern wertvolle Einblicke nicht nur in die Frühformen des Alphabets und dessen Anwendung, sondern auch in das Alltagsleben der Zeit.

In den buddhistischen Gemeinschaften wurden die in chinesischen Zeichen verfassten Schriften in Hangeul übertragen, um sie unter möglichst vielen Menschen zu verbreiten. Obwohl das Joseon-Reich den Konfuzianismus als Staatsideologie angenommen hatte und den Buddhismus offiziell ablehnte, gab es in der Königsfamilie Buddhisten, die die Veröffentlichung buddhistischer Schriften oft unterstützten.

Auch ist zu beachten, dass im späten Joseon-Reich Frauen und Männer aus allen Schichten gern Romane lasen. Da es in der frühen Zeit nur wenige Leute gab, die Koreanisch lesen konnten, und zudem die Druckkunst nicht weit genug entwickelt war, wurden die Bücher von Hand kopiert und untereinander ausgetauscht. Häufig scharten Personen, die unterhaltsam und gefühlvoll vorzulesen verstanden, Romanliebhaber um sich und trugen die Geschichten laut vor. Doch mehr und mehr Menschen wollten sich damit nicht länger zufriedengeben und lernten lesen. Vom 18. bis zum frühen 20. Jh. hatte dann die steigende Publikation von Büchern und die Zunahme der Lesekundigen einen maßgeblichen Einfluss auf die Verbreitung von Hangeul.

Park Jin-ho Professor für Koreanische Sprache und Literatur, Seoul National University

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