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An Ordinary Day

2023 WINTER

Ein Händchen für Füllfederhalter

In der heutigen Zeit, in der Handgeschriebenes eine Seltenheit geworden ist, gibt es sie immer noch: die Liebhaber von Füllfederhaltern. Mag das Schreibgerät auch wenig praktikabel sein, es bedeutet ihnen ihr kleines Glück und ein Stück weit Luxus. Und wenn es zerbricht? Dann gibt es diesen einen Spezialisten, der alles tun wird, es wieder heil zu machen.

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In der heutigen Zeit, in der Handgeschriebenes eine Seltenheit geworden ist, hat Kim Deok-rae die Reparatur von Füllfederhaltern zu seinem Beruf gemacht. Für ihn ist diese Arbeit etwas, das Menschen miteinander verbindet.

Bereits Mark Twain war der Meinung: „Niemand von uns kann so viele Tugenden wie der Füllfederhalter besitzen, geschweige denn die Hälfte seiner Unbeugsamkeit, aber wir können es versuchen.“ Im Englischen sprudelt beim „Fountain Pen“ denn auch die Tinte wie ein Springbrunnen, und der koreanische Mannyeonpil steht wortwörtlich für einen 10.000 Jahre nutzbaren Stift. Doch nichts hält ewig – auch Füllfederhalter nicht: Ihre Federn nutzen sich ab, sie fallen runter und werden beschädigt, trocknen ein, klecksen oder verstopfen.


Briefe vom Reparateur

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Das zweckentfremdete Ankleidezimmer dient ihm als Werkstatt und Rückzugsort. Der kleine Raum ist gefüllt mit Briefen und Geschenken von zufriedenen Kunden sowie Füllfederhaltern, Werkzeugen und farbigen Tintenflaschen.

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Bei der Reparatur bevorzugt Kim seine Hände vor Werkzeugen, denn nichts ist so präzise wie der Fingernagel.



Der Erwerb von Füllfederhaltern ist leicht zu bewerkstelligen, ihre Reparatur jedoch lästig und kompliziert, da es sich – abgesehen von der koreanischen Marke Monami – meistens um Importware handelt. Die jeweiligen Verkaufsstellen bieten zwar Hilfe an, aber für nicht direkt vom Hersteller selbst importierte Waren oder im Ausland getätigte Käufe ist praktisch kein Reparaturservice zu finden. Selbst bei in Korea gekauften, gut gepflegten Produkten kann sich ein schwerer Schaden als irreparabel herausstellen. Die Rettung von Erbstücken oder alten Vintage-Füllern gestaltet sich sogar noch schwieriger. Umso wichtiger ist es, dass es jemanden wie Kim Deok-Rae gibt, der sich ganz auf die Reparatur von Füllfederhaltern spezialisiert hat.

Herr Kim, nicht etwa ein betagter Großvater, wie man von einem Mann dieses Berufes erwarten könnte, sondern Jahrgang 1974, ist Familienvater von zwei Kindern und lebt in der Stadt Gimpo in der Provinz Gyeonggi-do, wo ihm ein zweckentfremdetes Ankleidezimmer seiner Wohnung als Werkstatt dient. Auf engstem Raum drängen sich hier Füllfederhalter und farbige Tintenflaschen, es gibt eine Werkbank, einen Computer und sogar einen Mini-Kühlschrank. Überall kleben Notizzettel, und nur spärlich dringt Sonnenlicht ins Zimmer, das nur wenig Platz bietet, aber viel Gemütlichkeit ausstrahlt.

Sein Tag beginnt bereits gegen sieben Uhr. Da er schulpflichtige Kinder hat, ist an Ausschlafen nicht zu denken.

„Meine Frau und ich wecken morgens unsere Kinder, machen ihnen ein schnelles Frühstück und schicken sie in die Schule. Gegen neun Uhr beginnt meine Routine.“

Drei Kategorien Füller landen für gewöhnlich bei Herrn Kim: Welche mit komplett zu Bruch gegangener Feder, äußerlich unversehrte, aber nicht mehr ganz funktionsfähige und die eigentlich einwandfreien, bei denen die Besitzer jedoch irgendeinen Fehler vermuten. Die schwersten Fälle sind die mit gebrochenen Federn, denn die Feder ist das Herzstück des Füllers, sein teuerster und empfindlichster Teil. Dementsprechend muss man besondere Vorsicht walten lassen.

„Ist die Feder verbogen, kann ein Werkzeug aus härterem Material es nur noch schlimmer machen. Am besten arbeitet man mit dem Fingernagel, um die Feder nach und nach wieder zurechtzubiegen.“

Das ist der Grund, warum Herr Kim seine Hände Werkzeugen vorzieht, denn nichts ist so empfindlich wie die Fingerspitze bzw. so präzise wie der Fingernagel. Mit den Händen nimmt er den Füller auseinander, biegt die Spitze zurecht, reinigt und baut ihn wieder zusammen, aber damit ist die Reparaturarbeit noch gar nicht zu Ende. Weitaus mehr Zeit benötigt die sich anschließende Testphase.

„Ich probiere den Füller erst, wenn er einen halben Tag in der Waagerechten gelegen hat. Am nächsten Tag muss er dafür mehr Zeit in der Senkrechten verbringen. Ich halte ihn auch kopfüber, denn er soll in jeder Lage funktionieren.“

Heikler als die schweren Fälle sind die mit den „leichten“ Fehlern. In ihnen spiegelt sich der hohe Anspruch seiner Besitzer wider, weshalb die Reparatur eine besondere Gründlichkeit erfordert. Eine jede Anwendung muss in Betracht gezogen und wiederholt getestet werden, bis man den perfekten Zustand des Füllers sichergestellt hat. Dieser Prozess kann sich über einen, manchmal auch über zehn Tage erstrecken.

„Nach getaner Arbeit schreibe ich mit dem reparierten Füller einen Brief an den Besitzer und erkläre, warum er kaputt gegangen ist, was ich gemacht habe, welche Tests ich durchgeführt habe und was bei der zukünftigen Verwendung zu beachten ist. So demonstriere ich einerseits die Einsatzbereitschaft ihres Füllers, andererseits mache ich ihnen mit dem Erhalt eines handgeschriebenen Briefes eine Freude.“

Für Herrn Kim ist das Briefeschreiben eine Herzensangelegenheit, schließlich wird aus der Reparaturarbeit etwas, das Menschen miteinander verbindet.

 

Der Tag der Entscheidung

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Für Kim ist eine Reparatur erst dann abgeschlossen, wenn er den Füller in jeder Anwendung gründlich getestet hat.

 

Nach Abschluss der Oberschule studierte der aus Gangneung stammende Kim Deok-Rae zunächst Bauingenieurwesen am Samcheok Polytechnic College. Damals traf er zufällig einen alten Oberschul-Freund, der von seinem interessanten Leben am Seoul Institute of the Arts schwärmte.

Herr Kim war begeistert, und wenig später begann er mit dem Studium des Kreativen Schreibens an der besagten Universität. Die nachfolgenden Beschäftigungen hatten jedoch wenig mit seinem Fach zu tun. Er war Sozialarbeiter, Koch, Automechaniker oder Verkäufer, bis er 2012 schließlich bei einem Vertriebsunternehmen für importierte Schreibgeräte landete. Aus Dankbarkeit für seine neue Stelle, für die er eigentlich nicht viel vorzuweisen hatte, legte er besonderen Fleiß an den Tag und zeigte sich äußerst lernbegierig.

Als Kundenbetreuer suchte er nach Möglichkeiten bei etwaigen Problemen mit Füllern zu helfen. Er verbrachte sogar seine Freizeit damit, an den eigenen Füllern herumzubasteln und Erfahrung zu sammeln. Bald war er so gut, dass sich seine Fähigkeiten herumsprachen, er von einer Universität zu einem Vortrag eingeladen und um einen Beitrag für das Uni-Onlinemagazin gebeten wurde, was wiederum weitere Aufträge einbrachte.

„Irgendwann musste eine Entscheidung her: Ein sicherer Job oder eine Arbeit, die mir Freude macht. Meine Frau konnte es nicht fassen, aber 2020 reichte ich die Kündigung ein.“

 

Weniger Einkommen, mehr Glück

Heute reicht sein Kundenstamm vom Grundschüler bis zum Rentner. Er rekrutiert sich aus Arbeitsbekanntschaften, Lesern seiner Kolumne, Weiterempfehlungen von Kunden oder Internet-Recherchen. Bei einer Anfrage wird zunächst der Reparaturvorgang erklärt und dann der Füllhalter per Post zu ihm geschickt.

„Ist die Reparatur vom Kunden selbst möglich, gebe ich die nötigen Instruktionen. Falls meine Dienste gefragt sind, mache ich Angaben über Kosten und Dauer der Reparatur. Die Kunden sollen gut über mein Angebot nachdenken, schließlich erfordert solch ein Reparaturvorgang Zeit, was zuweilen die Geduld der Kunden auf die Probe stellen kann.“

Im Voraus wird darüber informiert, dass die Kosten von etwa 40,000 bis zu 500,000 Won (28 - 350 Euro) betragen können und die Reparatur drei bis fünf Monate dauern kann. So kommt Herr Kim monatlich auf 20 bis 30 Füller und hat etwa 40 Exemplare auf der Warteliste.

„Zwanzig Tage im Monat gilt meine Aufmerksamkeit der Füllerreparatur, den Rest der Zeit widme ich mich dem Schreiben und besuche meine Eltern in Gangneung einmal im Monat. Abgesehen von Spaziergängen und regelmäßigen Blutspenden komme ich sonst nur selten nach draußen. Es gibt keine Wochenenden und keinen Urlaub. Dieser Raum ist mein Arbeitsplatz und Rückzugsort. Ohne Fenster könnte ich den Tag nicht von der Nacht unterscheiden. Oft vergesse ich sogar das Essen.“

Was um neun Uhr morgens beginnt, kann bis tief in die Nacht dauern, manchmal bis zum Morgengrauen. Sein Tag ist gefüllt mit Reparaturen, Schreibtests, Beratungen Dokumentation der Arbeitsvorgänge, Briefeschreiben und Grußaustauschen mit den Kunden.

„Manchmal schaffe ich nicht mehr als zehn Füller im Monat. Ich sitze heute viel länger an einer Arbeit als früher, weil meine Ansprüche im Laufe der Zeit auch gestiegen sind. Mein Ziel ist Perfektion für die Kunden. In meinem kleinen Reich komme ich mit Füllern aus aller Welt in Berührung. Ich könnte vielleicht mehr verdienen, wenn ich an einem Füller kürzer sitze, aber dann wäre ich weniger glücklich. Meine Kunden wissen das Herzblut, das ich in die Arbeit stecke, auch zu schätzen. Ich liebe dieses Leben, denn genau so habe ich es mir gewünscht.“
Hwang Kyung-shin Schriftstellerin
Fotos Han Jung-hyun

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