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2023 WINTER

Muju – Abseits der Schnelllebigkeit

Das Image, das man lange Zeit wohl am meisten mit Südkorea verband, war die sog. „ppalli ppalli (schnell schnell)“-Mentalität seiner Bewohner, deren Verinnerlichung eine Notwendigkeit für den Aufbau des Landes nach dem Koreakrieg war. Doch eine Winterreise tief in den Süden der Halbinsel nach Muju deckt verborgene Facetten Koreas auf, die jenseits der Schnelllebigkeit existieren.

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© KOREA TOURISM ORGANIZATION

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Das Gebirge Deogyu-san gehört zu den schönsten Koreas. Durch wiederholtes Auftauen und Einfrieren werden die Bäume im Winter von einer dicken Raureifdecke eingehüllt.
© Lee Jae-hyung

Der Name „Deogyu-san“ bedeutet „das Gebirge der großzügigen Tugend“. Von seinem 1.614 Meter hoch gelegenen Gipfel Hyangjeok-bong erstrecken sich gewaltige Bergrücken mehr als 30 Kilometer weit von Nord nach Süd. Sie sind gekrönt von bis zu 1.300 Meter hohen Spitzen und vielerorts zieren Wasserfälle die Landschaft, die von zahlreichen Pavillons und Teichen ergänzt werden.

Speziell das Tal Gucheondong, durch das sich 9.000 (Gucheon) Bäche winden sollen, zieht das ganze Jahr über Reisende an. Besonders reizvoll sind die sog. „Dreiunddreißig Landschaften von Gucheondong“.

Natur, die es zu bewahren gilt
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Beim Muju Firefly Festival können Besucher die Glühwürmchen in ihrem natürlichen Lebensraum beobachten. Das ökologische Erlebnisprogramm fördert die friedliche Koexistenz von Mensch und Natur.
© KOREA TOURISM ORGANIZATION

Initiativen, den Umweltschutz in Korea voranzutreiben, gibt es schon seit den 1960er Jahren. So empfahl 1963 die Nationale Wiederaufbau-Bewegung der Regierung, das Gebirge Jiri-san als Nationalpark zu deklarieren. Parallel dazu gründeten Bewohner des anliegenden Kreises Gurye-gun ein entsprechendes Komitee zur Förderung des Projektes und legten einen dazugehörigen Fonds an. Schließlich führten die Bemühungen dazu, dass das Gebirge Jiri-san 1967 als erster Nationalpark ausgewiesen wurde und das Gebirge Deogyu-san 1975 als zehnte Region hinzukam.

Am Deogyu-san auf 1.300 Metern ist eine ganz bestimmte Baumart beheimatet. Es ist die sog. Korea-Tanne, die gern auch als Weihnachtsbaum Verwendung findet. Speziell für Innenräumen ist es die bevorzugte Tannenart, da sie klein und zierlich ist. Dazu lassen ihre Zweige genügend Platz, um ihn mit Weihnachtsschmuck zu behängen.

Bei dieser besonderen Weihnachtsbaum-Version der Korea-Tanne handelt es sich im Übrigen um eine Züchtung, mit der zu Beginn des 20. Jhs. in Korea begonnen wurde. Doch heute droht dieser liebgewordenen Baumart ein schweres Schicksal. 2013 stufte die Internationale Union zur Bewahrung der Natur (IUCN) die Korea-Tanne als gefährdet ein und warnte vor einem möglichen Aussterben.

Die gute Nachricht ist, dass mittlerweile entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet wurden. Das Unternehmen Yuhan-Kimberly, das sich seit 1984 mit dem KKG (Keep Korea Green)-Projekt für die Aufforstung engagiert, arbeitet seit 2021 für den Erhalt der Korea-Tanne mit dem Baekdudaegan National Arboretum zusammen und züchtet in dessen Gewächshäusern mehr als 6.800 Setzlinge. Allein 2022 wurden 120.000 Samen zur Vermehrung der Korea-Tanne gesammelt. Ziel ist es, für sie geeignete Standorte wie z. B. Deogyu-san zu finden und sie dort einzupflanzen. Es wird also sozusagen eine „Arche Noah“ betrieben.

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Das Muju Filmfestival im Deungnamu-Stadion. Mehr als 500 Blauregen-Pflanzen ranken sich wie eine natürliche Überdachung über die Zuschauerränge und spenden Schatten für die Besucher.
© Kreis MUJU-GUN

Die ersten Sicherheitskopien KoreasTatsächlich gibt es auf dem Berg Jeoksang-san, einem Teil des Deogyu-san-Nationalparks einen Raum, der bis heute die Rolle der „Arche Noah“ spielt: das sog. Sago, ein Archiv zur Aufbewahrung historischer Aufzeichnungen.

Im Joseon-Reich (1392–1910) legte man großen Wert auf Dokumentationen. Sie stellten ein Gegengewicht zur absoluten Macht des Königs dar, und die durch Dokumentationen gewonnenen Erkenntnisse sollten als Lehre an künftige Generationen weitergegeben werden. Die Essenz dieser Dokumentationen bildete das Joseon Wangjo Silok, die Annalen der Joseon-Dynastie. Die Annalen umfassen tägliche Aufzeichnungen der ersten 472 Jahre des Joseon-Reichs und gelten als die weltweit längste geschriebene sowie einzige Originaldokumentation einer einzelnen Dynastie. In Anerkennung dessen wurden sie 1973 zum Nationalschatz Koreas erklärt und außerdem 1997 als Weltdokumentenerbe der UNESCO registriert.

Aber wie konnte dieses Werk trotz Kriege, Brände und Naturkatastrophen die Zeit bis heute überstehen? Die einfache Erklärung ist: Es wurden „Backups“ angefertigt. Während des Joseon-Reiches existierten stets vier oder fünf Exemplare des Silok gleichzeitig – eines in der Hauptstadt und die übrigen verteilt auf verschiedene Provinzen. Zudem wurden sie alle drei Jahre aus dem Archiv geholt und bei Sonne und Wind getrocknet, um Schimmel- und Insektenbefall vorzubeugen.

Doch nichts konnte verhindern, dass während des Angriffskriegs durch die Japaner Ende des 16. Jhs. die Archive niedergebrannt wurden – abgesehen von dem in Jeonju, etwa 50 Kilometer südwestlich von Muju. So war es nach dem Krieg möglich, wieder vier neue Exemplare anzufertigen und sie zur Aufbewahrung an verschiedene Orte des Landes zu schicken. Darunter eine Kopie auf den Berg Jeoksang-san, dessen steile Felsen die Erstürmung erschwerten. Zudem bot die neu befestigte 1.500 Jahre alte Wehranlage Jeoksang-Sanseong weiter unten zusätzlichen Schutz.

Die Annalen von Jeoksang-san wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Seoul verlegt, gelten jedoch seit dem Koreakrieg (1950–1953) als verschollen. Das aus 888 Büchern und 1.893 Kapiteln bestehende Joseon Wangjo Silok konnte dennoch dank der Kopien bis heute überliefert werden.

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Taekwondowon bietet als weltweit einzige Einrichtung ein allumfassendes Angebot rund um die koreanische Kampfkunst Taekwondo u. a. Wettkämpfe, Schnupperkurse, Training, Ausbildung, Forschung und Austausch sowie einen „Taekwondo-Aufenthalt“ für jedermann.
© Kreis MUJU-GUN

Im Einklang mit der Natur

In Muju kann man sich ein Bild davon machen, wie groß hier das Bemühen um eine harmonische Koexistenz mit der Natur ist. Im Süden der Stadt befindet sich das Deungnamu-Stadion, benannt nach mehr als 500 Blauregen-Pflanzen, die sich wie eine natürlich Überdachung über die Zuschauerränge ranken, im Sommer Schatten spenden und im Winter vor Schnee schützen.

Die Architektur der Moderne ist v. a. praktisch und funktional ausgerichtet, übersieht jedoch die Verbindung des Menschen zur Natur. Oft ging es mehr um deren Beherrschung bzw. sie wurde nach landschaftsgestalterischen Aspekten künstlich geschaffen. Der Architekt des Deungnamu-Stadions Chung Guyon (1945–2011) hat aber eine andere Vorgehensweise. Anstatt sie sich untertan zu machen, möchte er die Natur für sich alleine stehen lassen und sorgt damit für einen veränderten Blick auf sie. So zeigt sich das von Chung gebaute Stadion im Verlauf der Jahreszeiten in einem immer neuen, prachtvollen Naturgewand und selbst das kahle Wintergeäst hat etwas Beeindruckendes. Es geht schon ein besonderer Zauber von diesem Stadion aus, wenn man sich mal zu einem Rundgang entlang der hinteren Tribünenreihen aufmacht.

Eine Winterreise nach Muju hat ihren eigenen Charme. Sie weckt in einem den Sinn für die Schönheit der Natur und für ihre Kostbarkeit. Gleichzeitig gewährt sie einem Einblicke in ein Korea, das jenseits der Schnelllebigkeit existiert und mit der Natur das Leben teilt. Der Winter ist bereits in Muju angekommen. Wäre das nicht vielleicht ein Grund, mal wieder eine Reise zu unternehmen?

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Kwon Ki-bongSchriftsteller

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