한국국제교류재단

Das erste Beispiel einer Zeichentrick-Adaption gedruckter Comics liegt über 100 Jahre zurück. Seit der Adaption von Little Nemo in Slumberland (1911) von Winsor McCay, bei der man die Bewegungen der Figuren auf etwa 4.000 Seiten festhielt, galt diese Adaptionsweise als selbstverständlich.

In den 1990er Jahren erlebte Japan einen regelrechten Anime-Boom, der auf einem ausgeklügelten Mediamix-System beruhte. Seriencomics aus Magazinen erschienen in Buchform, wurden zu Animationsfilmen verarbeitet, und darüber hinaus wurden Merchandise-Artikel produziert. Das führte zur Vergrößerung der Fangemeinde, denn die Leser der Comics zog es zu den Animes, und die Filmfans begannen sich für die gedruckten Originale zu interessieren. Für dieses Publikum war die Zeichentrickadaption von Webtoons also nichts Ungewöhnliches.

Bei Webtoons ist die Rezeption auf die visuelle Wahrnehmung eines zweidimensionalen Raums beschränkt. Dennoch kann auch den statischen Bildern der Comic-Kunstwelt etwa durch bestimmte Zeichenstile, durch die Verwendung lautmalerischer Ausdrücke oder den Einsatz von Effektlinien ein Stück weit Leben eingehaucht werden – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Die Übertragung der Webtoon-Welt in das Medium Film erfolgt entweder als Realfilm oder als Animationsfilm. Realverfilmungen aus der Science-Fiction oder Fantasy benötigen jedoch aufwendige Drehsets und kostspielige Spezialeffekte. Die Zeichentrick-Umsetzung ist hingegen einfacher und bezüglich des Produktionsaufwands vorteilhafter. Speziell durch die 2D-Technik wird, anders als bei der 3D-Variante, der Reiz des Ursprungswerkes perfekt wiedergegeben. So besteht für Fans der Webtoons weniger die Gefahr einer Entfremdung von ihrem geliebten Werk.

Szenen aus der 6. Folge von The God of High School (Park Yongje, April 2011 – Oktober 2022), einer beliebten Webtoon-Serie auf NAVER WEBTOON. Die Handlung dreht sich um die Teilnehmer eines Kampfsportturniers, das dem Gewinner die Erfüllung eines Wunsches gewährt. 2020 wurde die Serie als Fernsehanimation umgesetzt und in Korea sowie Japan ausgestrahlt.
© NAVER WEBTOON, Park Yongje

Fantasy ist in der digitalen Comicwelt derzeit ein dominierendes Genre. Subgenres wie das LitRPG (Literarisches Rollenspiel), bei dem die Hauptfigur wie in einem Computerspiel durch Missionserfüllungen oder das Besiegen eines Antagonisten an Kraft gewinnt, oder Romantasy, also romantische Erzählungen in Real- und Fantasiewelten, lassen sich aufgrund ihrer Prämisse viel besser mit Animationen als durch Realverfilmungen darstellen.

Tower of God handelt z. B. von den Abenteuern eines in einer Fantasiewelt heranwachsenden Jungen, der auf der Suche nach seiner besten Freundin aus Kindheitstagen den Gottesturm besteigt. Eine Realverfilmung des seit 2010 wöchentlich auf NAVER WEBTOON veröffentlichten Comics würde sich mit vielen Herausforderungen konfrontiert sehen.

Bei den Realverfilmungen stellt sich als erstes die Frage, ob die Webtoon-Fantasiewelt überhaupt adäquat dargestellt werden kann. Dank des digitalen Fortschritts haben Spezialeffekte zwar einen hohen Perfektionsgrad erreicht, aber es gibt noch viele zu bewältigende Probleme. Handgezeichnete Bilder bedienen sich z. B. Übertreibungen und Auslassungen, die beim Lesen für Interpretationsmöglichkeiten sorgen, kommen bei Szenen mit realen Schauspielern jedoch abhanden. Und wenn die Szenen nicht den eigenen Vorstellungen entsprechen, ist die Enttäuschung der Zuschauer groß. Die Rekonstruktion der Welt und der Figuren vom Webtoon im Realfilm ist zwar nicht ganz unmöglich, die Zuschauer wirklich zu überzeugen, ist jedoch sehr schwer. Der Animationsfilm bietet die Möglichkeit, diese Probleme zu vermeiden. Der Produktionsaufwand ist zwar ebenfalls hoch, aber ihnen gelingt das, an dem Realverfilmungen scheitern: die originalgetreue Nachbildung der Fantasiewelt.

Die Webtoon-Industrie ist zurzeit dabei, durch Verfilmungen oder Verkauf von Fanartikeln sich als ein eigener Industriezweig aufzubauen. Wenn ein Unternehmen dieser Branche sich mithilfe der Diversifizierung des geistigen Eigentums (IP) als globales Medienunternehmen etablieren will, ist es notwendig, die bestehende Fangemeinde zu erhalten und gleichzeitig ein neues Publikum zu erschließen.

Mehrteilige Zeichentrickadaption von epischen Webtoon-Geschichten kann die eingefleischte Leserschaft zufriedenstellen, während durch die Animationsfilme wiederum neue potenzielle Leser gewonnen werden. Speziell für junge Zuschauer, die noch nicht mit dem Smartphone-Leseformat vertraut sind, sind die Animationsfilme ein guter Einstieg, um sich dann später auf natürliche Weise neugierig den Webtoons zu widmen. So haben alle ihre Freude an den Filmen, die bestehende und die zukünftige Leserschaft.

Es ist schwer zu sagen, welche Darstellungsform vermarktungstechnisch am erfolgreichsten sein würde. Im Hinblick auf die Diversität von Fanerwartungen und der adäquaten Repräsentation des Originalwerkes könnte der Zeichentrick jedoch geeignete Lösungen bieten.